Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten (Lk. 24,5)?

Die Glaubensschwäche der Jünger in Gottes Vorsehung - Hinführung zum besseren Verständnis der Auferstehungsberichte

■„O ihr Unverständigen! Ihr seid zu schwerfälligen Geistes, um … zu glauben, was die Propheten verkündet haben“ (Lk.24,25)! Dieses Wort sprach Jesus einst zu den Emmausjüngern, als Er ihnen den Sinn für Sein Leiden und Seine Auferstehung erschloss.
Letztlich richten sie sich aber an alle Jünger bis heute, auch an uns, denen es immer noch manchmal schwerfällt, die Geheimnisse des Heiles wirklich im Herzen zu bewahren und Seine übergroße Liebe in unserem Leben ernst zu nehmen und zu beantworten.
Wenn wir den schmachvollen Tod Jesu betrachten nach all den machtvollen Taten, die Er in den Jahren zuvor in Israel gewirkt hatte, dann können wir wahrscheinlich auch nachvollziehen, wie schwer es Seinen Jüngern damals gefallen sein muss, alles das zu verstehen und zu verarbeiten, was sich in den Tagen Seines Todes und Seiner Auferstehung zugetragen hatte.
Jesus hatte sie zwar nach dem Zeugnis der Evangelien schon lange im Voraus immer wieder auf diesen Seinen kommenden Tod, aber auch ganz deutlich auf Seine Auferstehung am dritten Tag, hingewiesen. Mehrfach hatte Er ihnen gesagt, dass er von Seiten der Ältesten, der Hohenpriester und der Schriftgelehrten vieles erleiden und schließlich getötet werde. Und immer wieder hatte Er dabei betont, dass Er am dritten Tag wieder auferstehen werde (vgl. Mt.16,21ff.; 17,22; 20,18f. u.par.). Und dennoch haben sich Seine Jünger dann, als dies alles plötzlich eintrat, kaum angemessen, ja beinahe wie von Sinnen verhalten.
■ Als die Frauen am ersten Tag der Woche zum Grab Jesu kamen, war die Sonne eben aufgegangen. Sie hatten schon würzige Öle gekauft (vgl. Mk.16,1f.) und sie mit Gewürzkräutern zubereitet, um den Leichnam Jesu zu salben und ihn so einigermaßen vor einer zu schnellen Verwesung zu schützen.
Ihre Gedanken kreisten um den schweren Stein, mit dem der Eingang des Grabes verschlossen worden war. Von den Wachen und der Versiegelung des Grabes, welche die Hohenpriester und Pharisäer bei Pilatus erwirkt hatten (vgl. Mt.27,62ff.) hatten sie offenbar noch nichts gewusst.
Bedenkenswert: Maria, die Mutter Jesu, von der man doch annehmen sollte, dass sie als erste zum Grabe ihres Sohnes kommen würde, war nicht unter ihnen. Da, plötzlich, „erbebte die Erde gewaltig. Denn ein Engel des Herrn stieg vom Himmel herab, … wälzte den Stein weg und setzte sich darauf. Sein Aussehen war wie der Blitz und sein Gewand weiß wie Schnee. Die Wächter erbebten aus Furcht vor ihm und waren wie tot. Der Engel redete die Frauen an: ‚Fürchtet euch nicht! … Jesus, den Gekreuzigten sucht ihr. Er ist nicht hier. Er ist doch auferstanden, wie er gesagt hat“ (Mt.28,1ff.).
Der Engel ruft in Erinnerung, was Jesus selbst doch schon längst gesagt hatte: „Erinnert euch daran, wie Er zu euch gesprochen hat …: Der Menschensohn muss in die Hände der Sünder ausgeliefert und gekreuzigt werden, aber am dritten Tage auferstehen“ (Lk.24,7f.). Auch den Frauen am Grab war diese Aussage Jesu also bekannt.
Doch jetzt stehen sie am dritten Tag verwirrt vor Seinem Grab und wollen Ihn für die Grabesruhe einbalsamieren? - Die Sorge der Frauen zeugt zwar von ihrer großen Liebe zu Jesus. Aber hatten sie denn die Vorhersage Jesu über Seine Auferstehung am dritten Tag vergessen? Hat Maria diese Worte Jesu vielleicht tiefer und lebendiger in ihr Herzen eindringen lassen und deshalb geglaubt?
■ Warum hat sich anscheinend niemand von Seinen Jüngern an diese Seine Worte erinnert? Jesus hat doch vor allem vor Seinen Aposteln dieses Sein kommendes Geschick wiederholt und nachdrücklich vorausverkündet. Beim ersten Mal hat Ihn dann Petrus, obwohl er erst von Jesus zum Felsenfundament für Seine Kirche eingesetzt worden war (Mt.16,18), auf die Seite genommen und „machte Ihm Vorhaltungen und sagte: ‚… Das soll dir keineswegs widerfahren!’“ (Mt.16,22), worauf Jesus antwortete: „Weg von mir, Widersacher … Du hältst es nicht mit Gott, sondern mit den Menschen“ (Mt.16,23).
Auch bei der zweiten Vorhersage des Leidens wie der Auferstehung „wurden sie sehr betrübt“ (Mt.17,23). Diese von menschlichem Erschrecken gekennzeichnete Haltung der Jünger hat ihr Herz offenbar verschlossen, so dass sie den Hinweis über Jesu Sieg durch Seine Auferstehung am dritten Tag gar nicht mehr wirklich aufnahmen. Bei der dritten Weissagung Jesu über Sein Leiden und Seine Auferstehung berichtet Matthäus von gar keiner Reaktion der Jünger mehr (Mt.20,18f.). Hatten sie ihr Herz nun aus Furcht schon so sehr verschlossen, dass sie die Worte Jesu fast aus ihrem Bewusstsein verdrängten und damit auch die Verheißung Seiner Auferstehung am dritten Tag praktisch „überhörten“?
Ganz undeutlich konnte Jesus diese Seine Voraussage über Seine Auferstehung wohl nicht ausgesprochen haben. War sie doch sogar seinen Feinden bekannt geworden! Denn gerade ihnen fiel sie mit Schrecken ein, so dass sie nach Jesu Tod von Pilatus die Bewachung und Versiegelung des Grabes bis zum dritten Tage erbaten, weil „jener Betrüger bei seinen Lebzeiten gesagt hat: Nach drei Tagen werde ich auferstehen“ (Mt.27,63f.).
Wir wissen, wie schwer es auch den Aposteln gefallen ist, die Berichte von Jesu Auferstehung zu glauben. Die Botschaft der Hoffnung, die jenen Schrecken bereitete, die Jesus vernichten wollten, war bei den Jüngern Jesu noch nicht auf fruchtbaren Boden gefallen, weil auch sie sich noch zu sehr von bloßen Menschengedanken und damit ebenfalls von menschlichem Schrecken, aber noch viel zu wenig von Gottes Gedanken und wirklichem Gottvertrauen leiten ließen (vgl. Mt.16,23). Und so „glaubten“ sie zwar an Ihn, aber weitgehend in einer menschlich kurzsichtigen, schnell verzagenden und noch nicht in der Gnade gestärkten Weise. Der Heilige Geist musste erst noch ihre Herzen umgestalten und sie im Licht der Liebe und der Kraft Gottes erneuern.
Und so sind diejenigen, die Jesus in besonderer Weise geliebt und vorbereitet hatte, nun beinahe taub und blind, so dass sie nicht einmal denen glaubten, welche die Verwirklichung der Prophezeiung von der Auferstehung Jesu bestätigten und denen Jesus als Auferstandener schon selbst erschienen war! Sie, die doch jahrelang so viele unglaubliche Zeichen Seiner Größe und Seiner Macht mit eigenen Augen gesehen hatten und denen Er doch auch mit klaren Worten alles, was eintreten würde, angekündigt hatte, sie können es nicht glauben, dass Er lebt?!
Erst als Er nach und nach zuerst Seinen Aposteln, dann auch immer mehr vor Seinen übrigen Jüngern erscheint, beginnt auch in ihren Herzen sich wieder Hoffnung und Freude durchzusetzen, bis sie schließlich am Pfingstfest, durch die Kraft des Heiligen Geistes gestärkt, wieder vor die Öffentlichkeit treten und den Glauben an Christus, den Auferstandenen, unerschrocken bekennen, ja am Ende sogar großteils ihr Leben als Zeugen für diese frohe Botschaft freiwillig hingeben!
■ Es ist aus heutiger Perspektive leicht, die Jünger und Jüngerinnen von damals zu kritisieren. Aber ist denn nicht auch unser eigenes Sinnen und Denken oft so ans Irdische gefesselt, dass wir das Übernatürliche „übersehen“ oder es gar aus unserem Leben praktisch ausschließen? Dass wir unser Vertrauen mehr auf irdische Güter oder auf unsere eigene menschliche, in Wirklichkeit doch so begrenzte Geistes- oder Körperkraft setzen als auf Gottes Hilfe und Gnade?
Verschließen nicht auch wir unser Herz oft dem Glauben an das kraftvolle Wirken Gottes, der uns auch heute wie zu allen Zeiten viele Zeichen Seines Lebens und Seiner Nähe anbietet? Wie viel Vertrauen auf Gottes Hilfe finden wir noch in unserem eigenen Leben und Alltag, wie viel an Gottes wunderbarem Wirken wollen auch wir überhaupt noch wahrhaben, in wie vielen Bereichen halten wir es überhaupt noch für möglich?
■ Jesus zeigt auch nach Seinem Tod noch viel Geduld mit der Blindheit und Langsamkeit Seiner Jünger. Er macht sie dennoch zu Seinen Zeugen und nimmt diese ihre Schwäche hin, um Gottes Kraft noch deutlicher zu erweisen. Denn Seine Allmacht kann selbst das Unvollkommene noch benutzen, um Gnade zu wirken und die Wahrheit selbst heller und klarer erstrahlen zu lassen!
Und so wird auch die Schwachheit Seiner Jünger zu einem indirekten Hinweis auf die Wahrheit ihrer Botschaft, die sie später im Heiligen Geist kraftvoll verkünden. Denn ein „menschlich starker“ Bericht von der Auferstehung hätte wohl ganz anders ausgesehen als das, was uns Seine Jünger da überliefern. Da wären wohl nicht viele kleine, äußerlich unscheinbare Begegnungen im Mittelpunkt gestanden, die noch dazu von unterschiedlichen Zeugen und Evangelisten aus ganz unterschiedlichen Blickpunkten und mit ganz unterschiedlicher Betonung der Schwerpunkte der Erscheinungen überliefert wurden. Hätten die ersten Jünger eine erfundene Geschichte der Welt präsentieren wollen, hätten sie es wohl kaum hingenommen, dass der eine Evangelist von einem, der andere von zwei Engeln berichtet, die den Frauen am Grab erschienen sind, oder dass der eine von mehreren Frauen, der andere hauptsächlich nur von Maria Magdalena spricht, der der Herr erschienen ist.
Und auch dadurch, dass die ersten Christen so aufrichtig ihr Versagen in der Annahme der göttlichen Wahrheit schildern, indem sie offenherzig selbst ihr Erschrecken und ihre Zweifel darstellen, als sie von der Auferstehung ihres Herrn und Meisters berichten, vermitteln sie ungewollt, dass es ihnen keineswegs um menschliche Schönfärberei der Wirklichkeit geht. Auch nicht darum, in möglichst prachtvollen Farben andere dazu überreden zu wollen, eine von ihnen erfundene schöne Geschichte zu „glauben“, damit „die Sache Jesu weitergeht“, wie manche „Theologen“ der Neuzeit die Berichte der Auferstehung gegen die offenkundige Wahrheit umzudeuten versuchten.
Hätten die Evangelisten ausgedachte Geschichten an den Mann bringen wollen, dann wären ihre „Berichte“ sicher nicht so zurückhaltend formuliert worden. Und die Sensation eines Wiedersehens mit Christus wäre ganz anders dargestellt und herausgearbeitet worden, um menschliche Begeisterung zu erwecken!
So aber zeigen sie das langsame und fragende Suchen der Jünger, denen Jesus sehr behutsam und zurückhaltend, jedoch stets klar und deutlich, Sein neues Leben und Seine Auferstehung in immer wieder neuen Erscheinungen näher bringt. Diese Erscheinungen sind nicht aufdringlich und nicht im Sinn menschlich interessanter Neuigkeiten dargestellt. Sie werden nicht in anregender Weise detailreich, langatmig oder möglichst spannend erzählt, sind aber auch nicht einfach eine bloß sachlich-sterile oder vage bleibende Darstellung einer neuen „Glaubenswahrheit“. Sie bieten in jedem Fall eine knappe, aber doch immer sehr konkrete und recht eindrückliche Wiedergabe einer lebendig erfahrenen, persönlichen Begegnung Jesu mit einem oder mehreren Seiner Jünger.
Die Evangelien fassen das Leben und das Leiden Jesu, aber auch die Zeugnisse Seiner Auferstehung also in wenigen Sätzen nur zusammen. Kaum überraschend erfahren wir aus einer Bemerkung in einem Brief des heiligen Paulus (1Kor.15,4ff.), dass es noch weit mehr Begegnungen Jesu mit Seinen Jüngern nach Seiner Auferstehung gegeben hat, dass die Evangelisten also nur eine Auswahl wiedergeben, um einen Einblick in diese neue Gemeinschaft des Auferstandenen mit den Seinen zu gewähren.
Nicht das Haschen nach Effekten beim Leser oder das Aufzählen möglichst aller oder möglichst vieler überwältigender „Beweise“ steht also bei den Evangelisten im Vordergrund, sondern ein einfaches Zeugnis Seiner neuen Gegenwart, über die sich dann der Leser bei weiteren Zeugen in der Gemeinschaft der Gläubigen ja näher und ausführlicher unterrichten lassen konnte.
Es geht den Evangelisten nicht um das Erzeugen von vordergründiger „Begeisterung“, sondern um die nüchterne Darstellung, die auch die zwiespältige Reaktion der fragenden und zweifelnden, in all ihrer Schwäche dargestellten ersten Jünger, aber auch die Schwierigkeiten beim Erkennen der Offenbarungen Jesu selbst nicht ausspart: Die Frauen am Grab, die der Engel ermahnt, nicht zu erschrecken, sondern Jesu Jüngern die Botschaft von Seiner Auferstehung zu bringen, lassen in ihrem Herz dennoch weiter „Schrecken“ und „Furcht“ regieren, die sie wohl seit dem furchtbaren Tag der grausamen Hinrichtung Jesu völlig beherrschen, so dass sie zunächst niemand etwas von dem sagten, was sie eben erlebt hatten (vgl. Mk.16,8). Maria Magdalena, die offenbar in der ersten Aufregung gleich wieder vom Grab weggelaufen war, um Petrus und Johannes zu informieren, wagte zunächst nur den fehlenden Leichnam zu melden: „Man hat den Herrn aus dem Grab genommen, und wir wissen nicht, wohin man ihn gelegt hat“ (Joh. 20,2). Die Botschaft des Engels hatte sie offenbar nicht wirklich in ihr Ohr und in ihr Herz eindringen lassen! Ja, bei einer neuerlichen Rückkehr zum Grab sieht sie zwar die beiden Engel, nimmt aber selbst da noch nicht recht Notiz von ihnen, sondern weint nur über den verschwundenen Leichnam ihres Herrn (Joh.20,11ff.). Hatte sie ihre übermäßige Trauer so blind für die Wirklichkeit gemacht? Und sie klagt, obwohl der Engel den Frauen doch Kunde gebracht hatte, immer noch verwirrt und weinend dem hinter ihr stehenden Herrn Jesus Christus, den sie zunächst für den Gärtner hält und zu dem sie so auch den Blick nicht erhebt, dass man ihren Herrn weggebracht hat (vgl. Joh.20,11ff.)? War ihr Herz so im Schmerz gefangen, dass sie die Kunde von der Auferstehung Jesu immer noch nicht verstehen und glauben konnte?
Erst als sie Jesus klar bei ihrem Namen ruft, erhebt sie ihre Augen und kommt endlich zu sich, erst jetzt, da ihr Herr in verklärter Schönheit vor ihr steht, sieht sie wieder klar und lässt endlich auch die Freude der Gegenwart Jesu wieder in ihr Herz zurückkehren. So wurde sie vor allen anderen eine begeisterte Zeugin, die den noch Unwissenden die Botschaft von der Auferstehung Jesu überbringen sollte und durfte (Joh.20,18; Mk.16,9). Und als sich Jesus dann auch den übrigen Frauen gezeigt hatte (Mt. 28,9f.), wurden auch sie allmählich fähig, Jesu Auferstehung zu fassen und sie auch Seinen übrigen Brüdern zu verkünden und zu bezeugen (Mt.28,10)!
Die Evangelien berichten bei den Erscheinungen Jesu vor Seinen Jüngern teilweise nur ein allmähliches Enthüllen der Wahrheit. Wie die Augen und die Herzen noch gehemmt waren, sie in aller Klarheit und Deutlichkeit sofort zu erfassen. Und doch bezeugen sie ganz bestimmt und lebendig, wie Jesus sich ihnen gezeigt hat (vgl. die Emmausjünger Lk.24,13ff.; oder die Jünger am See Joh.21,1ff.).
Ein erfundener „Bericht“ hätte niemals eine so breit gefächerte Weise des Erscheinens Jesu vorgestellt, da dies für jede Art von Effekthascherei für das einfache Verständnis der Botschaft nicht dienlich gewesen und so auch niemand in den Sinn gekommen wäre! In einem von Menschen ausgedachten „Bericht“ wäre entweder die Auferstehung als Sensation möglichst „ausgeschlachtet“ worden oder, falls dies zu auffällig sein sollte, wäre sie zumindest so dargestellt worden, dass sie vom Leser oder Hörer einfach und leicht geistig „angenommen“ hätte werden können. Schon dass die Kirche vier Evangelien anerkennt, die durch weitere neutestamentliche Briefe und Texte ergänzt werden, so dass die Botschaft in ihrer wahren Bedeutung nur im lebendig überlieferten Zeugnis der Kirche richtig verstanden und erfasst werden kann, zeugt davon, dass es hier um eine Wahrheit und nicht um eine Ideologie geht. Menschlich ausgedachte „Geschichten“ müssen sich möglichst in einem einfachen „Erzählfaden“ präsentieren, weil sie sonst kaum nachvollzogen oder geglaubt, geschweige denn verinnerlicht werden können. Mögliche Quellen für Missverständnisse müssen da von vornherein vermieden und ausgebügelt werden.
Ganz anders verhält es sich mit der kirchlichen Überlieferung des Glaubens. Sie zeugt von einer nicht nur abstrakt-theoretischen, sondern einer konkreten und lebendigen Offenbarung Gottes in all den feinen Nuancen wahrhaft erlebter Wirklichkeit und Wahrheit, welche die von Christus gegründete Kirche dann in dieser Form durch alle Jahrhunderte auch getreulich bewahrt und weitergegeben hat!
■ Obwohl die Evangelien nun einerseits von dieser teils eher zurückhaltenden Weise berichten, wie sich Jesus gezeigt hat, erzählen sie andererseits aber auch von Erscheinungen, die in ihrer Art keineswegs nur geistig gedeutet werden können, wie es manche vielleicht vermuten, sondern die überraschend eindrücklich nicht nur auf die Seele, sondern auch auf die Sinne gewirkt haben und auch Jesus als Menschen mit Leib und Seele erkennen lassen. Jesus bezeugte sich auch in Seinem Auferstehungsleib körperlich-sinnenhaft fassbar, so dass Er Seine Jünger sogar auffordert, Ihn zu berühren und zu betasten, ja dass Er sogar mit ihnen gemeinsam noch Nahrung zu sich nimmt und isst (vgl. Lk.24,39ff.)!
Das Erscheinen Jesu vor Seinen Jüngern vollzog sich somit also nicht nur geistig-psychologisch, wie es sich manche vielleicht noch hätten einigermaßen vorstellen können, die für die geistige Realität der Wirklichkeit sich noch ein wenig Sinn bewahrt haben.
■„Was sucht ihr den Lebenden unter den Toten?“, fragt der Engel die staunenden Frauen am Grab. „’Erinnert euch daran, wie Er zu euch gesprochen hat, als Er noch in Galiläa war. Da sagte Er: Der Menschensohn muss in die Hände der Sünder ausgeliefert und gekreuzigt werden, aber am dritten Tage auferstehen.’ Da erinnerten sie sich Seiner Worte. Sie kehrten vom Grab zurück und berichteten all das den Elf und allen übrigen“ (Lk.24,6).
So werden auch wir den lebendigen Christus nicht unter den Toten finden, die sich von der lebendigen Kirche Jesu in Glaube, Hoffnung oder Liebe abgeschnitten haben und deshalb oft auch die Frohbotschaft nicht mehr richtig verstehen oder glauben, auch wenn sie oft viel von Ihm reden! Wir müssen dorthin gehen, wo der Glaube, die Hoffnung und die Liebe Christi noch hochgehalten und in Treue zur Jahrtausende alten Überlieferung der Kirche auch gelebt und so durch Seine Gnade auch bewahrt werden.
Nur dort, wo diese Treue gelebt wird, bleibt die Begegnung mit unserem ewig lebendigen und auferstandenen Herrn und Meister Jesus Christus möglich und wirklich. Nur in dieser Haltung sind wir nicht taub für die Botschaft Jesu, nur so werden wir Seine Weggenossen und können Sein Wort, wenn auch vielleicht nicht sofort, in seinem ganzen Gewicht und seiner Bedeutung – auch für unser Leben! - im Heiligen Geist immer tiefer verstehen und auch erfahren, was die Jünger damals erleben durften: „Brannte nicht unser Herz in uns, als Er unterwegs mit uns redete und uns die Schrift erschloss?“ (Lk.24,32).
Jesus offenbarte Seinen Jüngern an Ostern das Ziel und die Vollendung des übernatürlichen Glaubens, die Erfüllung aller christlichen (messianischen) Hoffnung und den Plan der göttlichen Liebe: Die Auferstehung von den Toten und die neue Gemeinschaft aller Heiligen in der Liebe Gottes, an der Er auch uns durch den Loskauf aus der Sünde durch Sein Leben und Sterben wieder Anteil schenken will!
■ Es ist nicht ausgeschlossen, dass Jesus an diesem Morgen zuerst auch Seiner Mutter erschienen ist, die ja an Seinem Leiden und Seinem ganzen irdischen Leben sicher am tiefsten Anteil genommen hatte. Auch Maria konnte zwar wohl in den Stunden des Leidens nicht voraussehen, wie Gott Seine Pläne verwirklichen würde, aber sicher hat sie die Worte Jesu von Seiner Auferstehung im Herzen behalten und verhielt sich offenbar anders als all seine übrigen ungläubigen und verzweifelten Jünger und Jüngerinnen. Es hat den Anschein, dass Jesus sie dadurch zu einer neuen und noch innigeren Gemeinschaft mit sich berufen hat, die sie all der Aufregung der von Niedergeschlagenheit überwältigten Jünger enthob, die noch vom Glauben an die Auferstehung ihres Herrn so weit entfernt waren, dass sie die Zeugnisse Seiner Auferstehung zunächst überhaupt nicht wahrnehmen konnten. Verbinden wir uns mit der Haltung Mariens und lassen wir uns durch das Licht des Heiligen Geistes erleuchten! Suchen wir Jesus nicht bei den Toten, kehren wir ab von toten Werken, öffnen wir unser Herz für Seine Liebe und Gnade!
■ Durch Seine Gnade schenkt Er uns, die wir Sünder waren (Röm.5,8), im Glauben an Ihn Anteil an Seinem neuen Leben! Der Horizont unseres Lebens ist nicht mehr durch Tod und Vergänglichkeit begrenzt, sondern weitet sich in die Unendlichkeit und Vollkommenheit des göttlichen Lebens!
Damit sind wir zu einem völlig neuen und vollkommenen Leben berufen. Dieser Ruf ergeht aber nicht erst nach unserem Tod, sondern bereits hier und jetzt: Wir sollen den alten Sauerteig der Sünde ablegen (vgl. 1Kor.5,7) und in einem neuen Leben wandeln!
Nur so wird unser Leben reich und wertvoll, nur so kann es überhaupt in Wahrheit „Leben“ und nicht nur „Dahinvegetieren“ genannt werden! Bemühen wir uns deshalb auch, denjenigen diesen Schatz des neuen Lebens in Christus zu erschließen, die Ihn noch nicht oder nicht in Seiner wahren, geoffenbarten Herrlichkeit und Schönheit kennen!
Auch wenn die Welt noch unter den Folgen der Erbsünde leidet und so die Finsternis vielfach das Licht wieder zu verschlingen und auszulöschen droht, wird es ihr nicht gelingen, so lange wir in der Liebe zu unserem Erlöser mit der Hilfe des Heiligen Geistes in Gott, unserem Vater, fest verankert bleiben.
Mögen Maria und die Apostel mit allen Engeln und Heiligen uns zur Seite stehen, damit wir so jeden Tag neu und besonders am Ende unseres Lebens, aber auch in allen Nöten der Kirche heute, immer wieder in der Treue zu unserem auferstandenen Herrn erfahren dürfen: „Dies ist der Sieg, der die Welt überwindet, unser Glaube“ (1Joh.5,4)!

Thomas Ehrenberger

 

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